Mit der Änderung des Nachweisgesetzes (NachwG) zum 01.08.2022, basierend auf der Umsetzung einer europäischen Richtlinie, war der deutsche Gesetzgeber über deren Vorgaben hinausgegangen. Er trug durch Aufnahme zahlreicher neuer „wesentlicher Vertragsbedingungen“ erheblich zur Bürokratisierung des Nachweisgesetzes bei. Zugleich führte er eine Differenzierung der Fristen ein, innerhalb derer diese Bedingungen seitens des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer[1] schriftlich mitzuteilen waren. Die Erfüllung dieser neuen gesetzlichen Anforderungen wurde für die Arbeitgeber aufwendiger und komplizierter. Dies hat im Nachgang erhebliche Kritik ausgelöst. Die Vermutung liegt nahe, der Gesetzgeber habe eigentlich gerne die Schriftform für den Arbeitsvertrag als verbindlich definieren wollen.
Insbesondere war kritisiert worden, dass für die Darlegung der wesentlichen Arbeitsbedingungen weiterhin die Schriftform vorgeschrieben war. Die EU-Richtlinie hätte eine einfachere, nämlich elektronische Form zugelassen. Der deutsche Gesetzgeber hat nunmehr im 4. Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) zumindest diesen letzten Punkt aufgegriffen. Das Gesetz hat den Bundesrat am 18.10.2024 passiert und tritt zum 01.01.2025 in Kraft.
Die wesentlichen Arbeitsbedingungen gemäß § 2 NachwG können zukünftig auch in Textform abgefasst und elektronisch an den Arbeitnehmer übermittelt werden. Möglich ist dies jedoch nur dann, wenn
- das Dokument für den Arbeitnehmer zugänglich ist,
- es gespeichert und ausgedruckt werden kann, und
- der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei der Übermittlung auffordert, den Empfang zu bestätigen (Empfangsnachweis).
Unbenommen bleibt dem Arbeitgeber natürlich, die Übermittlung weiterhin in Schriftform vorzunehmen.
Der Arbeitgeber muss für eine wirksame Übermittlung in Textform ein Medium nutzen, auf das der Arbeitnehmer auch Zugriff hat und die Übermittlung individuell an den jeweiligen Arbeitnehmer erfolgt. Bei Übersendung per E-Mail muss der Arbeitgeber bei Versand diese mit einer Empfangsbestätigungsfunktion versehen. Dies ist als Nachweis des Zugangs zu werten.
Auch wenn der Arbeitgeber die wesentlichen Arbeitsbedingungen gemäß § 2 Abs. 1 NachwG in Textform dem Arbeitnehmer bereits vorgelegt hat, kann dieser verlangen, diese zudem auch in Schriftform ausgehändigt zu bekommen. Der Arbeitgeber hat diesem Wunsch unverzüglich Folge zu leisten. Erfolgt dies nicht, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Gleichwohl passt der Gesetzgeber nunmehr eine weitere bürokratische Hürde im Arbeitsrecht modernen Anforderungen der Digitalisierung an.
Ausgenommen von diesen Erleichterungen sind Branchen, die von der Schwarzarbeit besonders betroffen sind. Dies gilt z.B. für das Bau- und Gaststättengewerbe, das Gebäudereinigungsgewerbe oder die Fleischwirtschaft. In diesen Branchen müssen die wesentlichen Arbeitsbedingungen weiterhin in Schriftform zur Verfügung gestellt werden. Es ändert sich dort nichts.
Schriftlicher Arbeitsvertrag
Liegt ein schriftlicher Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor und enthält dieser die gemäß § 2, Abs. 1 Nachweisgesetz erforderlichen, „wesentlichen Arbeitsbedingungen“, ist ein zusätzlicher Nachweis nach dem Nachweisgesetz aber nicht notwendig.
Erleichterungen ergeben es auch bei der Vornahme von Vertragsänderungen. Veränderungen wesentlicher Vertragsbedingungen waren bislang spätestens an dem Tag ihrer Wirksamkeit schriftlich mitzuteilen (§ 3 Abs. 1 NachwG). Zukünftig ist auch hier die Mitteilung in Textform möglich, vorausgesetzt, der Arbeitnehmer verlangt nicht ausdrücklich den Nachweis in Schriftform. Zudem entfällt die Mitteilungspflicht von Änderungen bei wesentlichen Vertragsbedingungen, sofern die Änderung Inhalt eines schriftlichen oder in Textform geschlossenen Änderungsvertrages ist.
Die Erleichterungen, die der Gesetzgeber nunmehr in das Nachweisgesetz eingearbeitet hat, waren wünschenswert und dringend erforderlich. Sie tragen der Umsetzung der modernen technischen Entwicklung endlich Rechnung.
Achtung aber bei befristeten Arbeitsverträgen
Besondere Beachtung verdient aber weiterhin die Regelungen des § 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Die Befristungsvereinbarung eines Arbeitsvertrages bedarf auch weiterhin der Schriftform. Bei Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages muss die Befristungsabrede zwingend in Schriftform erfolgen. Eine in anderer Form geschlossene Befristungsabrede ist unwirksam und es besteht vom ersten Tag der Beschäftigung an ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Rechtsanwalt Tilo Schindele
Leitung Arbeitsrecht
T +49 (0)711 255404-60
E tilo.schindele@jordan-ra.com
[1] Im Hinblick auf die Übersichtlichkeit wird lediglich die maskuline Form im Artikel genutzt. Die Formulierung bezieht sich aber auf m/w/d.