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Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates in Deutschland: Eine Analyse im Kontext des Hinweisgebergesetzes (HinSchG)

In Deutschland gilt die Mitbestimmung des Betriebsrates als ein Grundpfeiler der Arbeitswelt. Der Betriebsrat vertritt die Interessen der Arbeitnehmer, wacht über die Einhaltung von Gesetzen und Verordnungen und nimmt eine zentrale Rolle bei der Gestaltung von Arbeitsbedingungen und -verhältnissen in den Betrieben und Unternehmen ein. In Anbetracht des 2023 verabschiedeten HinSchG gewinnt die Mitbestimmung des Betriebsrates zusätzlich an Bedeutung. Dieses Gesetz zielt darauf ab, Whistleblower zu schützen und die Offenlegung von Missständen in Unternehmen zu erleichtern. In diesem Blog wird die Mitbestimmung des Betriebsrates in Deutschland im Kontext des HinSchG einmal genauer betrachtet.

Die Bedeutung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates

Der Betriebsrat hat in Deutschland eine starke Stellung und verschiedene Mitbestimmungsrechte, die in Gesetzen wie insbesondere dem Betriebsverfassungsgesetz festgelegt sind. Diese Rechte umfassen unter anderem das Recht auf Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen, sozialen Angelegenheiten, Regelungen der Arbeitszeit, sowie die Überwachung der Einhaltung von Gesetzen und Verordnungen. Durch diese Rechte kann der Betriebsrat aktiv an Entscheidungen teilhaben, die die Arbeitnehmer betreffen, und eine ausgewogene Arbeitsumgebung sicherstellen.

Das Hinweisgebergesetz als Schutzmechanismus für Whistleblower

Das HinSchG wurde eingeführt, um Whistleblower, also insbesondere Mitarbeiter zu schützen, die auf Missstände in ihrem Unternehmen hinweisen. Es bietet diesen Personen rechtliche Sicherheit und Schutz vor Repressalien seitens des Arbeitgebers. Whistleblower können unter anderem Verstöße gegen Compliance-Vorschriften, Korruption, Gesundheits- und Sicherheitsrisiken am Arbeitsplatz sowie Umweltverstöße melden, ohne dabei negative Konsequenzen fürchten zu müssen.

Die Verbindung zwischen Mitbestimmungsrechten und dem Hinweisgebergesetz

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates spielen eine zentrale Rolle bei der Umsetzung und Einhaltung des HinSchG. Der Betriebsrat sorgt dafür, dass Whistleblower vor Benachteiligungen geschützt werden. Zudem hat der Betriebsrat das Recht, bei der Untersuchung von gemeldeten Verstößen und der Umsetzung angemessener Maßnahmen mitzuwirken.

Durch das Gesetz hat der Arbeitgeber keine Wahlmöglichkeit mehr, ob er eine Whistelblower-Stelle, sei sie intern oder extern, einrichtet. Er hat diese Anforderung umzusetzen. Ein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1, Ziff. 1BetrVG) hinsichtlich der Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer in dem Betrieb und damit hinsichtlich der Einführung einer solchen Stelle, steht dem Betriebsrat daher auf Grund des Gesetzesvorbehaltes in § 87 Abs. 1 BetrVG nicht mehr zu.

Allerdings steht dem Betriebsrat, wie übrigens häufig, damit zwar kein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich des „Obs“ zu. Er besitzt aber durchaus Mitbestimmungsrechte in der Umsetzung der Gesetzesanforderungen in einem Betrieb zu. Also ist das „Wie“ mitbestimmungspflichtig.

Soweit der Arbeitgeber ein Mehr in seinem Betrieb umsetzen will, als gesetzlich im HinSchG gefordert, steht dem Betriebsrat hierzu weiterhin ein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1, Ziff. 1 zu. Fragen der Ordnung im Betrieb und des Verhaltens der Mitarbeiter bedarf daher der Einigung mit dem Betriebsrates oder eines Spruches der Einigungsstelle. Wohlgemerkt besteht dieses Mitbestimmungsrecht nur, wenn der Arbeitgeber mehr umsetzen will, als gesetzlich gefordert.

Vergleichbar verhält es sich, wenn der Arbeitgeber für die Umsetzung der Anforderungen des HinSchG elektronische bzw. digitale Tools nutzen will. Bei der Nutzung solcher Tools bedarf es der Zustimmung des Betriebsrates gem. § 87 Abs. 1, Ziff. 6 BetrVG. Dafür reicht die Möglichkeit aus, dass diese Tools geeignet sind, die Leistung und das Verhalten der Arbeitnehmer zu kontrollieren. Ob dies tatsächlich, also objektiv, überhaupt geschieht, ist nicht entscheidend. Entgegen dem Wortlaut im Gesetz, reicht die Möglichkeit aus. Sehr häufig wird der Arbeitgeber eine entsprechende technische Möglichkeit wählen. Wie dargestellt, bedarf es dafür der Mitwirkung des Betriebsrates in Form der Zustimmung.

Nicht zu unterschätzen sind auch die Mitbestimmungsrechte hinsichtlich der Besetzung einer internen Meldestelle. Soll ein neuer Arbeitnehmer hierfür z.B. im Compliance – Bereich eingestellt werden, steht dem Betriebsrat natürlich ein Mitbestimmungsrecht gem. § 99 BetrVG zu. Zumindest wenn der Betrieb mehr als  20 Mitarbeiter hat. Der Betriebsrat kann der Einstellung widersprechen. Da der Arbeitgeber aber die Zustimmung benötigt, wird er gut daran tun, die Rechte des Betriebsrates zu achten. Gleichzeitig kann der Betriebsrat auch verlangen, dass vor oder mit einer externen Ausschreibung eine interne Ausschreibung der Stelle erfolgt (§ 93 BetrVG).

Bei der personellen Besetzung der internen Meldestelle im Rahmen einer Versetzung bedarf der Mitwirkung des Betriebsrates gem. § 99 BetrVG. Es handelt sich auch hier um ein Beteiligungsrecht und der Betriebsrat muss der Maßnahme zustimmen. Dies gilt zumindest in dem Fall, falls die neue Stelle von einer mit den betrieblichen Umständen vertrauten Person die neue Position des Arbeitnehmers als anders zur bisherigen Position ansieht. In diesem Fall handelt es sich um eine zustimmungspflichtige Versetzung. Da die für die Meldung zuständige Person über die für ihre Aufgabe notwendige Fachkunde verfügen muss, dürfte sich im Regelfall die Position der internen Meldestelle von einer bisherigen Beschäftigung unterscheiden. Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass sich die Rechtsstellung innerhalb des Betriebs oder Unternehmens für einen Mitarbeiter, der zukünftig die interne Meldestelle betreut, im Regelfall von der bisherigen unterscheiden dürfte. Die ausübende Person muss in ihrer Tätigkeit unabhängig sein und darf keine Interessenskonflikte haben. Damit wäre die Maßnahme zustimmungspflichtig. Übrigens unabhängig von dem für die Tätigkeit als Meldestelle vorgesehenen zeitlichen Umfang.

Unter Berücksichtigung von § 93 BetrVG hat bei der Betriebsrat den – im Regelfall sehr wahrscheinlich notwendigen – Schulungsmaßnahmen für die betreffende Person ein Mitbestimmungsrecht. Solche Maßnahmen gehören zur Frage der Förderung der Berufsbildung und dem Betriebsrat steht ein Vorschlagsrecht zu.

Plant die Meldestelle innerbetriebliche Schulungsmaßnahmen so ist auch hier der Betriebsrat zu beteiligen (vgl. § 98 BetrVG). Unter bestimmten Umständen kann der Betriebsrat die Absetzung der mit der Schulungsmaßnahme betrauten Person verlangen (vgl. § 98 Abs. 2 BetrVG).

Schlussfolgerung

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates sind von entscheidender Bedeutung, insbesondere im Kontext des Hinweisgebergesetzes.  Der Betriebsrat spielt eine wichtige Rolle bei der Gewährleistung des Schutzes von Whistleblowern und der Offenlegung von Missständen in Unternehmen. Durch seine Beteiligung an Entscheidungsprozessen und der aktiven Überwachung von Gesetzesverstößen trägt der Betriebsrat maßgeblich zur Schaffung einer transparenten und rechtssicheren Arbeitsumgebung bei. Dies unterstreicht die Bedeutung einer starken betrieblichen Mitbestimmung und eines effektiven Schutzes für Whistleblower im deutschen Arbeitsumfeld. Zuständig dafür sind natürlich in erster Linie die Betriebsräte auf Betriebsebene. Existiert aber ein Gesamtbetriebsrat und damit mehrere Betriebs, wird auf Grund der weitreichenden Folgen für das Gesamtunternehmen von einer Zuständigkeit desselben auszugehen sein. Die Betriebsräte können, um Rechtsunsicherheit in der Frage der Zuständigkeit zu vermeiden, die Thematik an den Gesamtbetriebsrat delegieren und den Gesamtbetriebsrat (oder Konzernbetriebsrat) damit zu beauftragen. Eine entsprechendes Ersuchen an die lokalen Betriebsräte kann dem natürlich vorausgehen.

Autor: Rechtsanwalt Tilo Schindele

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