Gesetz über die Statistik im Handels- und Dienstleistungsbereich (Handels- und Dienstleistungsstatistikgesetz - HdlDlStatG) seit 03.03.2021 in Kraft – Was bedeutet das für Unternehmen in der Praxis?
Eine kritische Kurzeinschätzung um Umgang mit Auskunftspflichten und Heranziehungsbescheiden.
Das „HdlDlStatG“ regelt statistische Erhebungen hinsichtlich der Entwicklung im Handel und im Dienstleistungsbereich. Es legt Unternehmen gesetzliche Auskunftspflichten auf.
Unternehmen erhalten mittels rechtsförmlicher Verwaltungsakte mit Amtszustellung vom Statistischen Landesamt so genannte „Heranziehungsbescheide“ mit der Aufforderung, sehr kurzfristig Daten zur monatlichen Erhebung im Dienstleistungsbereich künftig ab Berichtszeitraum Januar 2021 (rückwirkend) und bis auf Widerruf, ggf. längstens bis 2028, zu übermitteln. Die Daten für die Monatsberichte sind fällig je am 5. des Folgemonats (vollständig und kostenfrei) zu übermitteln. Die Statistik-Bürokratie ist manuell und optional über eine digitale „automatisierte Datenmeldung“ möglich, die eSTATISTIK.core heißt. Als Rechtsgrundlage werden §§ 11 Abs. 1 S. 1 HdlDlStatG („Auskunftspflicht“) und § 15 BstatG angegeben.
Betroffene Adressaten können nach § 15 Abs. 7 BstatG Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die (durch „mathematisch-statistische Auswahl“, ggf. „künstliche Intelligenz“) ermittelte Auswahl und Betroffenheit vorgehen. Allerdings gibt es keine aufschiebende Wirkung. Betroffene Unternehmen müssen insofern einen gerichtlichen Antrag auf Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 VwGO stellen.
Das Gesetz ist ein Musterbeispiel für mangelndes Unternehmensverständnis der öffentlichen Hand.
Es verlangt Mittelständlern extremen Zusatzaufwand und Prüfungen ab, der Auskunftspflicht fristgerecht nachzukommen in dieser bürokratisierten Corona-Zeit. Denn unbedachte Datenweitergaben von Geschäftsgeheimnissen und Innovationen sollten zum Schutz des Unternehmens und seines geistigen Eigentums in Ruhe geprüft werden. Man kann also nicht sagen, dass dies alles ganz harmlos und rein statistisch zu bagatellisieren wäre. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie, sind mittelständige Unternehmen und Normadressaten mit diversen bürokratischen Zusatzadministrationsaufgaben belastet. Es ist unverständlich, warum die Pflichten und Fristen dieses Gesetzes nicht zumindest 2021 und 2022 komplett suspendiert sind.
Zwar entsteht „die Pflicht zur Auskunftserteilung bei den Erhebungsmerkmalen in der Gliederung nach Geschäftsfeldern gemäß § 6 Absatz 1 Satz 2 und 3“ erst im Jahr 2022. Das Gesetzt ist ohne sachkundige Prüfung schwer verständlich, auch wenn es inhaltlich nicht völlig neu ist.
Die „Übergangsregelungen“ nach § 16 Abs. 2 und 3 HdlDlStatG lauten:
„(2) Die Erhebungen nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 und 3 des Handelsstatistikgesetzes vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3438), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, werden für die Berichtsjahre 2019 und 2020 weiter nach jenem Gesetz durchgeführt.
(3) Die Erhebungen nach dem Dienstleistungsstatistikgesetz vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1765), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 28. Juli 2015 (BGBl. I S. 1400) geändert worden ist, werden für die Berichtsjahre 2019 und 2020 weiter nach jenem Gesetz durchgeführt.“
Das Gesetzt kann hier abgerufen werden.
Nach § 23 BstatG bestehen Ordnungswidrigkeitssanktionen.
Fazit: Unternehmen wird empfohlen, die Heranziehungsbescheide sehr ernst zu nehmen und im Einzelfall sorgfältig zu prüfen, ob Rechtsbehelfe und Rechtsmittel eingelegt werden sollten. Denn das Gesetz erscheint gesetzgeberisch unverhältnismäßig.
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