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Fehlende Verpflichtung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung bei gesetzlich privilegierter Fallgestaltung – Wasserbetten-Entscheidung des OLG Hamm

OLG Hamm, Beschluss v. 06.02.2024 – 4 W 22/23 - Wettbewerbsrechtliche Entscheidung zu Online-Shop, Preisangabenverordnung (PAngV), UWG-Novelle, Zivilprozessrecht, Kostentragung

Das OLG Hamm (Beschluss v. 06.02.2024 – 4 W 22/23) hat entschieden, dass ein Unterlassungsschuldner, der regelmäßig weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt, bei einem Verstoß gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten nach § 13 IV UWG auch dann keine Veranlassung zur Verfahrenseinleitung gibt, wenn er den Verstoß auf die Abmahnung des Mitbewerbers hin abstellt und eine nicht strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt.

Zum Sachverhalt:

Wegen eines Verstoßes gegen § 4 Absatz I 1 PAngV bei einem Online-Shop hat ein Mitbewerber den Betreiber abgemahnt und auf Unterlassung in Anspruch genommen. Letzterer stellte den Verstoß ab und gab eine Unterlassungserklärung ab, die jedoch nicht strafbewehrt war. Der Mitbewerber stellte beim LG Bochum einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, den dieses ohne Anhörung des Antragsgegners stattgab. Es untersagte dem Antragsgegner unter Androhung von Ordnungsmitteln, im geschäftlichen Verkehr mit Zubehör für Wasserbetten beim Angebot und/oder der Bewerbung von Waren in Fertigpackungen nicht neben dem Gesamtpreis auch den Grundpreis unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar anzugeben.

Das Gericht hat dem Gegner auch die Kosten des Verfahrens auferlegt. Dieser erklärte nach Zustellung der einstweiligen Verfügung, diese als endgültige Regelung anzuerkennen mit Ausnahme der Kostenregelung. Insofern legte er hinsichtlich des Kostenausspruchs beim LG einen beschränkten Widerspruch ein. Unter Verweis darauf, dass eine erstmalige Abmahnung aufgrund eines Verstoßes gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr (§ 13 IV Nr. UWG) gegenständlich sei, für den gemäß § 13a II UWG die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ausgeschlossen sei, hat er vorgetragen, die nicht strafbewehrte Unterlassungserklärung habe die durch den Verstoß gegen § 4 I 1 PAngV begründete Wiederholungsgefahr entfallen lassen. Mit Blick auf § 14 II 3 Nr. UWG hat er zudem die örtliche Zuständigkeit gerügt und eine mangelnde Dringlichkeit. Dagegen hat der Antragsteller die Auffassung vertreten, § 13 IV UWG sei nicht anzuwenden, weil der Verstoß nur nach Irreführungstatbeständen § 5a II, IV UWG) und nicht § 3a UWG zu beurteilen sei. Das LG Bochum hat mit dem Kosten-Urteil vom 14.03.2023 (I-18 O 25/22) die einstweilige Verfügung im Kostenausspruch aufgehoben und die Kosten dem Antragsteller auferlegt. Das OLG Hamm hat die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen das Kosten-Urteil des LG Bochum zurückgewiesen und die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Antragsteller auferlegt.

Folgen für die Praxis:

Sollten Empfänger einer Abmahnung auf eine solche außergerichtlich reagieren? Die typische Juristen-Antwort lautet: Es kommt darauf an. Das OLG Hamm macht deutlich, dass es sachdienlich sein kann, zeitnah außergerichtlich zu reagieren.

Dass Juristen mit Entscheidungen des OLG Hamm differenziert umgehen sollten, wird diesen bereits vielfach im Referendariat vermittelt.

Im Ergebnis wird zutreffend entschieden, dass der Gegner zur Antragstellung keinen Anlass geboten hat und eine Erledigung des Verfügungsanspruchs durch Anerkenntnis sofort erfolgt ist. Abgestellt wird insofern auf § 93 ZPO.

Die Entscheidung zeigt auf, dass ein Nichtreagieren auf eine berechtigte Abmahnung auch nach dem novellierten Lauterkeitsrecht mit § 13a II UWG nachteilig sein kann, da die Rechtsposition des Unterlassungsschuldners erheblich verschlechtert werden kann. Selbst wenn der Unterlassungsgläubiger unberechtigterweise die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangen sollte, wäre dem Abgemahnten zu empfehlen, Rechtsrat in Anspruch zu nehmen und zumindest eine einfache Unterlassungserklärung abzugeben. Dann kann eine Berufung auf § 93 ZPO in einem nachfolgenden Gerichtsprozess gelingen.

Die Entscheidung wird besprochen von Degen in GRUR-Prax 2024, 355.

Ihre Ansprechpartner:

Rechtsanwalt Dr. Thomas A. Degen

Rechtsanwalt Tilo Schindele

Rechtsanwalt Matthias Lang LL.M.

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