News-Archiv

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2021

Voraussetzungen des Preismissbrauchs durch eine Verwertungsgesellschaft

Eine belgische Urheberrechtsverwertungsgesellschaft (SABAM) verlangte von zwei Festivalveranstaltern Gebühren, weil auf deren Veranstaltungen urheberrechtlich geschützte Musikwerke aufgeführt worden waren, die SABAM verwaltet. Die Gesellschaft, die in Belgien eine faktische Monopolstellung innehat, legte den Gebühren ihren Grundtarif zugrunde, der auf Grundlage der Bruttoeinnahmen aus dem Kartenverkauf berechnet wird.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Dr. Thomas A. Degen kommentiert die Entscheidung des EuGH, Urteil vom 25.11.2020 – C-372/19 in der GRUR-Prax 2021, 57.

Das EuGH-Urteil hat erhebliche Bedeutung für die Praxis. Der EuGH hat wiederholt entschieden, dass Verwertungsgesellschaften missbräuchlich iSd Art. 102 AEUV handeln, wenn sie überhöhte Gebühren verlangen, die keinen vernünftigen Zusammenhang mit dem Wert der von ihnen erbrachten Leistung aufweisen, die darin besteht, den Nutzern das gesamte von ihnen verwaltete Repertoire urheberrechtlich geschützter Musikwerke zur Verfügung zu stellen. Die Umstände des konkreten Sachverhalts und die technischen Möglichkeiten sind stets sorgfältig zu analysieren.

Der EuGH hat insbesondere entschieden:

Art. 102 AEUV ist dahin auszulegen, dass keine missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung vorliegt, wenn eine Verwertungsgesellschaft, die in einem Mitgliedstaat ein faktisches Monopol innehat, gegenüber Organisatoren von Musikveranstaltungen eine Tarifskala für das Recht zur öffentlichen Wiedergabe von Musikwerken zwingend festlegt, bei der

– die nach dem Urheberrecht geschuldeten Gebühren anhand eines Tarifs berechnet werden, der auf die mit dem Verkauf von Eintrittskarten erzielten Bruttoeinnahmen abstellt, ohne dass davon die gesamten mit der Veranstaltung des Festivals verbundenen Ausgaben, die keinen Zusammenhang zu den dort aufgeführten Musikwerken aufweisen, abgezogen werden können, sofern unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls die von der Verwertungsgesellschaft unter Anwendung dieser Tarifskala tatsächlich verlangten Gebühren nicht überhöht sind, was vom nationalen Gericht zu prüfen ist, und

– ein abgestuftes Pauschalsystem zugrunde gelegt wird, um den zum Repertoire dieser Verwertungsgesellschaft gehörenden Anteil der aufgeführten Musikwerke zu bestimmen, sofern es keine andere Methode gibt, die es erlaubt, die Nutzung dieser Werke präziser zu bestimmen und quantitativ genauer zu erfassen, und mit der dasselbe legitime Ziel erreicht werden kann, nämlich der Schutz der Interessen von Urhebern, Komponisten und Musikverlegern, ohne dass dies zugleich zu einer unverhältnismäßigen Zunahme der Kosten für die Verwaltung der Vertragsbestände und die Überwachung der Nutzung der urheberrechtlich geschützten Musikwerke führt; dies ist vom nationalen Gericht vor dem Hintergrund des konkreten Falls und unter Berücksichtigung sämtlicher maßgeblichen Umstände zu prüfen, wozu auch die Verfügbarkeit und Verlässlichkeit der vorgelegten Daten sowie vorhandene technische Mittel zählen. (Leitsätze des Gerichts, durch den Verf. gekürzt).

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